Ein Jahr Pleinair-Malerei


Pleinairmalerei (von französisch: en plein air: im Freien;) bezeichnet eine Malerei, bei der Künstler und Künstlerinnen ein „Stück Natur“ unter freiem Himmel bei natürlichen Licht- und Schattenverhältnissen und naturgegebener Farbigkeit der jeweiligen Landschaft darstellen.

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Die Anfänge

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mein erstes Bild vor Ort gemalt. Es war ein komisches Gefühl, den Schutz der eigenen vier Wände zu verlassen, in dem man jederzeit einen Entwurf wegschmeißen und neu beginnen kann. Plötzlich steht man malend in der Gegend herum und setzt sich den Blicken der Passanten aus.
Man fühlt sich ständig beobachtet, und schlimmer, bewertet. Gleichzeitig fehlt jegliches beruhigendes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und man kämpft mit diversen Materialproblemen. Die Sonne scheint aufs Bild, Farben trocknen innerhalb von Minuten auf der Palette ein, etc.

Die ersten beiden Bilder fand ich selbst dann auch so schwach, dass ich mich zunächst an den Küchentisch gesetzt und ein Stilleben gemalt habe. Ich brauchte Zeit und Ruhe um mich zu überzeugen, dass ich grundsätzlich ohne Fotovorlage ein Bild malen kann, das mir gefällt.

Erste Erkenntnisse und Erfolge

Von meiner Motivation beflügelt wurde es dann besser. Durch die Möglichkeit, mit Gouachefarben deckend zu arbeiten, konnte ich Fehler jederzeit korrigieren. Das beruhigt ungemein. Außerdem habe ich mir meist recht einsame Plätze gesucht, mich hinter Bäumen versteckt, oder einfach an abgelegenen Orten gemalt.
Die wichtigste Erkenntnis war, dass es am Ende schon ganz gut wird, unabhängig davon, wie es zwischendurch mal aussieht. Im Laufe der nächsten vier Bilder habe ich gelernt, mir soweit zu vertrauen. Ich wusste, dass ich am Ende irgendwie zu einem Bild kommen werde, das mir gefällt. Es konnte sein, dass alles gut lief, dann wurde es direkt gut, oder es lief nicht so gut, dann wurden manche Bildstellen öfters übermalt, aber am Ende kam immer etwas vernünftiges dabei heraus.

Die eigene Umgebung entdecken

Oft fällt einem gar nicht auf, wie schön es da ist, wo man wohnt. Man geht an so vielen schönen Orten vorbei, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Wenn man nach Orten sucht, die man malen kann, schaut man viel aufmerksamer. Außerdem entdeckt man beim Malen viele Details, die einem nie aufgefallen wären. Wenn man ca. 1-2 Stunden vor Ort malt, erinnert man sich nachher auch an viel mehr Details. Man setzt sich mit einem Ort beim Malen natürlich ganz anders auseinander. Ein Beispiel dafür ist das Bild vom Amphitheater am Springenberg (Bild 5 unten). Ich komme dort mehrmals in der Woche vorbei, habe aber nie wahrgenommen, dass oben am Tempel ein violetter Ring ist.

Die Anonymität der Großstadt

Ein Urlaub in Wien hat es mir ermöglicht, mit reduzierter Ausrüstung auch dort einige Bilder vor Ort zu malen. Zunächst hatte ich die Befürchtung, dort zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, das Gegenteil war der Fall. Touristen sind damit beschäftigt, von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu hetzen und Anwohner sehen sowieso täglich die verrückesten Dinge. Ich wurde nicht ein einziges mal angesprochen, es hat sich einfach kein Mensch dafür interessiert, was ich da so treibe.

Besonders interessant war es, den Theseustempel bei Nacht zu malen. Ich hatte gesehen, dass der Tempel beleuchtet ist, hatte aber nicht bedacht, dass mein Blatt nicht beleuchtet ist und alle Farben im Farbkasten bei Nacht schwarz sind. Ich habe daher das Bild im Licht der Smartphone-Taschenlampe gemalt. Das war recht chaotisch und ich würde es eher nicht wiederholen wollen.

Herbst und Winter

Im Herbst habe ich noch einige Bilder gemalt, es gab hin und wieder sonnige und warme Tage, die ich nutzen konnte. Für den Winter hatte ich mir einiges vorgenommen. Schnee malen, die Kälte im Bild einfangen. Das ist nichts geworden. Zum einen war es ein grauer Winter ohne Schnee, zum anderen war es mir einfach zu kalt. Es war zwar nie so kalt, dass mir die Farben eingefroren wären, aber es war mir einfach zu kalt, um mich lange rauszusetzen.

Mein Highlight

Der Frühling hat mich wieder herausgelockt und mein erstes Aquarellbuch hatte noch zwei Seiten, die es zu füllen galt. In der langen Zeit, die ich nicht unterwegs war, ist die Unsicherheit natürlich zurückgekehrt. Es brauchte auch ein Bild, bis ich mich wieder wohl gefühlt habe. Danach habe ich mir für die letzte Seite in meinem Aquarellbuch Zeit genommen und mit dem Red Wagon auch mein Highlight des ersten Jahres gemalt.

Damit war mein ersten Aquarellbuch gefüllt. Ein Jahr malen vor Ort, ein Jahr, in dem ich viel gelernt habe.

Tipps & Tricks

Während meines ersten Jahres habe ich viele Erfahrungen gemacht und einige Dinge gelernt. Einige Tipps und Tricks sammel ich hier, auch, damit ich mich selbst immer wieder daren erinnern kann.

  • Der Himmel wirkt am Ende oft nicht blau genug. Da ich meist mit dem Himmel anfange, konkurriert er am Anfang nur mit dem weißen Papier. Wenn nachher Farbe dazukommt, wirkt er im Vergleich dazu aber oft blass. Den Himmel werde ich also in Zukunft bewusst kräftiger malen.
  • Möglichst im Schatten malen. Wenn man in der Sonne malt und das Bild nachher innen betrachtet, fehlt dem Bild oft die Leuchtkraft. (Zusatzeffekt, man vermeidet Sonnenbrand ;)).
  • Farben kann man auch in der Sonne lange feucht halten, indem man sie auf ein feuchtes Küchenpapier drückt und ab und an mit einem Zerstäuber besprüht.
  • Farben sind insgesamt nicht so wichtig, die Helligkeitsstufen müssen im Verhältnis zueinander stimmen.
  • Bilder wirken harmonischer, wenn wenige Farben genutzt werden, die dafür in allen Bildbereichen (wenn auch nur in kleinen Mengen) vorkommen.
  • Es muss nicht jedes Detail gemalt werden. Details und hohe Kontraste sollten gezielt genutzt werden, um den Blick auf das Wesentliche zu fokussieren. Vor dem Red Wagon standen zum Beispiel zusammengeklappte Sonnenschirme, die habe ich einfach ignoriert.
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